Auch im Paradies gibt`s mal Zoff

30 Jugendliche aus vier verschiedenen beruflichen Schulen inszenieren heute im Eschholzpark ihre Vorstellung eines Lustgartens Ein Lustgarten - was ist das? Und vor allem: Ist das jugendfrei? Kevin Kolbinger meint lachend: "Na ja, meine jugendfreie Version des Lustgartens ist jedenfalls auch ein sehr fruchtbarer Ort, an dem alles - Essen und Trinken - in Fülle vorhanden ist."

In einen Lustgarten wollen heute 30 Schüler den Eschholzpark verwandeln.

Lustgarten

Foto: Thomas Kunz

"Und weil es so schön ist, ist es eben auch Lust steigernd", fügt er grinsend hinzu. Der 18-Jährige, der die Friedrich-Weinbrenner-Gewerbeschule mit dem Schwerpunkt Informatik und Mediengestaltung besucht, ist einer von 30 Schülern, die am Projekt "Lustgarten - Ort der Begegnung" im Eschholzpark teilnehmen.

"Lustgarten" ist ein Kunstprojekt, das Jugendliche aus vier Schulen rund um den Eschholzpark vereint: aus der Friedrich-Weinbrenner-Gewerbeschule, der Edith-Stein-Schule, der Gertrud-Luckner-Gewerbeschule und der Max-Weber-Schule. Zusammengebracht hat die jungen Künstler Viola Sinn von der Projektwerkstatt Kubus: "Meine Idee war es, die vier Berufsschulen in einem Kunstprojekt zusammenzuführen, da oft die eine Schule nicht weiß, was die andere macht. Der Park ist das verbindende Element zwischen ihnen. Früher gab es hier Schrebergärten, also lag das Konzept des Lustgartens nahe." Umgesetzt wurde es dann als Skulpturen-Musik-Text-Performance.

Klingt kompliziert, ist aber recht einfach nachzuvollziehen: Es gibt drei Gruppen, von denen sich jeweils eine mit Bildhauerei, dem Schreiben und Einstudieren von Texten und der musikalischen Untermalung des Schauspiels befasst. Unterstützt wurden die Schüler dabei von den Bildhauern Wolfgang Ludewig und Andi Wernet, der Regisseurin Ingeborg Waldherr und dem Musiker Peter Graef. Die 17-jährige Caroline Bellmann von der Gertrud-Luckner-Gewerbeschule spielt schon seit zehn Jahren Theater. Dennoch war "Lustgarten" für sie außergewöhnlich: "Ich finde es toll, dass drei Komponenten so übergreifend verbunden werden. In Musicals verbindet man Musik mit Schauspiel. Das Ganze jetzt auch noch mit Skulpturen zu verbinden, finde ich klasse." Nach dem Thema gefragt, muss sie lachen: "Nun ja, meine Version des Lustgartens ist wohl auch nicht ganz jugendfrei." Mehr will sie nicht verraten.

Heute ab 17 Uhr soll das Rosenrondell im Eschholzpark sich in einen Lustgarten verwandeln, so der Plan. Was aber heißt das für die Zuschauer? "Man muss diese Performance aus Schauspiel, Musik und Skulpturen als Gesamtheit begreifen. Ich denke, dass wir zum Ausdruck bringen möchten, dass das Paradies eines jeden anders ist und dass es auch im Paradies mal Zoff geben kann. Wir zeigen Lust, Emotionen und Leidenschaft, und dazu gehören eben auch Konflikte", erklärt Caroline. Diese Gefühle werden hauptsächlich in kleinen Monologen und Dialogen ausgedrückt. So malt sie an einer Stelle mit sich vor Enthusiasmus überschlagender, schriller Stimme ihr Bild vom Paradies: "Wir sind eine lachende Menge, in der jeder ein Gesicht hat. Wir tanzen über Häuser und springen über Bäume!"

Gespielt wird auf der Wiese, die Bühne soll durch zehn Skulpturen markiert werden. Die 25-jährige Janina Hoja, die die Gertrud-Luckner-Gewerbeschule mit Schwerpunkt foto- und medientechnische Gestaltung besucht, gehört zur Gruppe der Bildhauer: "Ich wollte unbedingt in den Skulpturenkurs. Ich fand das Thema sofort toll: dass der Mensch verstehen soll, wie wichtig die Natur ist. Wir machen ständig alles kaputt und treten es mit Füßen. Mit einer Skulptur kann man meiner Meinung nach schon viel mehr bewegen, als man denkt."

Was Neues gelernt hat Janina auf jeden Fall: "Manchmal sind wir echt an unsere Grenzen gestoßen. Das erste Mal alleine mit einer Flex dazustehen, ist schon nicht ohne. Es waren Mädels dabei, die hatten vorher noch nie ein Werkzeug in den Händen. Und dann haben sie geschweißt, gesägt, geflext, geschraubt ? unglaublich!" Für ihre anspruchsvolle Skulptur aus Ton, Holz, Filz, Folien und Licht ist das Gedicht "Kleine Aster" von Gottfried Benn der Ausgangspunkt.

Kevin Kolbinger ist in der Musikgruppe. Seine Eltern haben beide Musik studiert, sein Vater spielt im Philharmonischen Orchester des Freiburger Theaters. "Ich habe den Rhythmus also im Blut." Momentan lassen dem 18-Jährigen Schule, Führerschein und Nebenjob für sein Hobby jedoch kaum noch Zeit: "Dieses Projekt hat mir einen Ruck gegeben, wieder damit anzufangen." Die Musikgruppe, ausgestattet mit Percussion, Blechtrommeln, umfunktionierten und bunt bemalten Abflussrohren und allerlei exotischen Musikinstrumenten, sorgt für den Rhythmus und untermalt die einzelnen Szenen mit atmosphärischen Klängen. Kevin macht das Experimentieren Spaß: "Ich finde es toll, auch mal Instrumente auszuprobieren, auf denen man sonst nicht spielt."

Melanie Volk, Badische Zeitung vom 6.5.2011